Jeder fünfte Deutsche, der verschuldet ist, hat seinen Schuldenberg der Arbeitslosigkeit zu verdanken. Dies beweist eine recht aktuelle Auswertung vom Statistischen Bundesamt Wiesbaden. Aber auch andere kritische Lebensereignisse wie eine Erkrankung, eine Scheidung oder der Tod des eigenen Partners zählen zu den häufigsten Gründen, weshalb Menschen eine Schuldnerberatung benötigen.
Doch weshalb verschulden wir uns eigentlich? Bisher war die Datenlage zu dieser immens wichtigen Frage eher gering. Im Jahr 2017 haben Forscher vom Statistischen Bundesamt zum ersten Mal die Zahlen der Schuldenstatistik hochgerechnet. Für die Hochrechnung haben die Forscher Daten von 528 Schuldnerberatungsstellen (insgesamt gibt es 1.400 Stellen) in ganz Deutschland ausgewertet. Diese Stellen haben insgesamt rund 127.000 Ratsuchende betreut.
Das Ergebnis dieser Studie räumt mit dem gängigen Vorteil auf, dass die meisten Betroffenen an ihrer Schuldensituation selbst schuld sind, weil sie einfach nicht mit dem Geld umgehen können. Laut den Studienergebnissen ist nur bei rund jedem zehnten Befragten (12 Prozent) die „unwirtschaftliche Haushaltsführung“ der Hauptauslöser für den Schuldenberg. Bei diesen Fällen führte das unvernünftige Konsumverhalten mit der Zeit zu einer Überschuldung.
Ein wesentlich häufiger Grund für die Schuldenfalle ist ein zu geringes oder gar weggebrochenes Arbeitseinkommen. Jeder vierte Deutsche (28 Prozent) ist gemäß den Studienergebnissen aufgrund von Arbeitslosigkeit oder einem längerfristigen Niedrigeinkommen verschuldet. Die Arbeitslosigkeit an sich wird von den Betroffenen als der häufigste Grund genannt. 21 Prozent der Befragten haben sich aufgrund ihrer Arbeitslosigkeit verschuldet, während 7 Prozent der Befragten ein längerfristiges Niedrigeinkommen als Hauptgrund für ihre Verschuldung angaben.
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Schulden durch kritische Lebensereignisse
Ein kritisches Lebensereignis führt auch auffallend oft dazu, dass wir Menschen uns verschulden. 15 Prozent der Befragten gaben als Auslöser für ihre Verschuldung „Erkrankung, Sucht oder Unfall“ an. 13 Prozent der Betroffenen nannten als Ursache „Scheidung, Trennung oder den Tod des Partners bzw. der Partnerin“.
Addiert man beide Ursachen bzw. Auslöser, kommt man zu folgendem Schluss: Mehr als jeder vierte Deutsche ist aufgrund eines kritischen Lebensereignisses in die Schuldenfalle gerutscht. Eine gescheiterte Selbstständigkeit darf aber ebenfalls nicht unterschätzt werden: Für 8 Prozent der Befragten war dies die Ursache der Verschuldung.
Hintergrundinformationen: Die Ergebnisse der Überschuldungsstatistik 2017 basieren auf den Angaben von 528 Schuldnerberatungsstellen in Deutschland, die rund 127.000 Personen beraten. Die Teilnahme an der Studie war sowohl für die Ratsuchenden als auch für die Beratungsstellen freiwillig. Alle gemeldeten Daten wurden im Anschluss auf die Gesamtheit aller Menschen, die durch Schuldnerberatungsstellen in Deutschland beraten werden, hochgerechnet.
Die Überschuldungsstatistik 2020 bestätigt die Erkenntnisse
Auch 3 Jahre später stellte die Arbeitslosigkeit (19,7 Prozent) für rund jede fünfte verschuldete Person, die eine Beratungsstelle aufsuchte, den Hauptgrund für die Überschuldung dar. Als zweithäufigsten Grund für eine Überschuldung (16,5 Prozent) gaben die Befragten eine „Erkrankung, Sucht oder Unfall“ an.
Das Statistische Bundesamt (Destatis) teilte mit, dass 588.000 Personen die Hilfe von Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen in Deutschland aufgrund von finanziellen Problemen in Anspruch genommen haben.
Zum Vergleich: Im Jahr 2019 haben „nur“ 582.000 Personen die Hilfe der Beratungsstellen in Anspruch genommen. Leider kann anhand dieser Daten nicht zweifellos ermittelt werden, ob die Erhöhung durch die weltweite Corona Pandemie verursacht wurde.
Verschuldete Menschen sind häufiger arbeitslos
- Die meisten der beratenen Personen (43,4 Prozent) im Jahr 2020 waren arbeitslos – unabhängig davon, ob die Arbeitslosigkeit als Hauptursache genannt wurde oder nicht.
- Die anderen Personen waren abhängig erwerbstätig (35,3 Prozent), selbstständig (1,1 Prozent) oder aus anderen Gründen (zum Beispiel durch Rente bzw. Ruhestand) nicht erwerbstätig (20,3 Prozent).
- Bei Menschen, die unter einer Überschuldung leiden, kommt die Arbeitslosigkeit überdurchschnittlich häufig vor. Im Jahr 2020 lag die Arbeitslosenquote laut der Bundesagentur für Arbeit bei rund 5,9 Prozent.
Die durchschnittliche Schuldenlast betrug 29.230 Euro
Im Durchschnitt betrugen die finanziellen Verbindlichkeiten der überschuldeten Personen 29.230 Euro. Die Erwerbstätigen hatten deutlich höhere Verbindlichkeiten (37.038 Euro) als die Arbeitslosen (21.069 Euro). Überschuldete Personen mit einer Arbeitsstelle haben ein durchschnittliches Nettoeinkommen in Höhe von 1.440 Euro. Im direkten Vergleich dazu haben Arbeitslose durch das Arbeitslosengeld ein deutlich geringeres Nettoeinkommen in Höhe von 934 Euro.
Unter dem Strich waren die finanziellen Rückstände bei überschuldeten Personen mit einer beruflichen Anstellung rund 26 mal so hoch als ihr monatliches Einkommen. Bei den Arbeitslosen war der Faktor der Überschuldungsintensität niedriger und lag bei 23.
Hintergrundinformationen: Die Ergebnisse beruhen auf den Angaben von 593 deutschen Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen. Insgesamt gab es in Deutschland im Jahr 2020 rund 1.430 solcher Stellen. Wie man sieht ist die Anzahl der Stellen im Vergleich zur Überschuldungsstatistik 2017 noch weiter gewachsen. Die Teilnahme an der Statistik war für die Beratungsstellen und für die Ratsuchenden freiwillig. Genau wie im Jahr 2017 wurden die gemeldeten Daten auch 2020 auf alle beratenen Personen in Deutschland hochgerechnet.
Titelbild: Photo by Towfiqu barbhuiya on Unsplash